DER BLOG DER QIVERSITY
Artikel zu Qigong, zu damit verwandten Themen und zu anderen.
„Das Dao De Jing in Theorie und Praxis mit Jan Silberstorff“, so lautete der Titel meiner diesjährigen Fortbildung. Bereits im letzten Jahr durfte ich von einem Meister lernen (Shi Xinggui) und in diesem Jahr von einem, der u.a. meine Sprache fließend spricht, besser noch; selbst lange Zeit in China lebte, dort lernte und in die Chen-Familie aufgenommen wurde.
Jan Silberstorff ist Taiji-Meister, da aber alle Seminar-Teilnehmer dieser Fortbildung Qigong an ihre Schüler weitergeben, wird die Schnittmenge schon groß genug sein, dachte ich mir. So viel vorne weg, sie war es. Was meine Übe-Praxis betrifft, sitze ich einigermaßen fest im Sattel, dachte ich mir. Was ich ahnte war, dass in der Theorie großer Nachholbedarf herrscht. In das I Ging hatte ich mich vor zwei Jahren eingelesen allerdings ohne großen Erfolg oder Erkenntnisgewinn.
Der Meister kam eine Stunde später als geplant vom Flughafen und wir begannen erst um 15 Uhr. Einem Globetrotter der vielerorts unterrichtet und hauptsächlich in Brasilien lebt sieht man das gerne nach. Im letzten Jahr fühlte sich das schon irgendwie seltsam an: wie geht man mit dem Meister um, wie begrüßt man sich, wie verabschiedet man sich? Wieder tauchten diese Fragen auf, aber bei seiner Ankunft entschärfte Jans Lächeln und seine positive Ausstrahlung diese Bedenken und los ging es.
Theorie
Wir sind eingetaucht in die chinesische Sprache. Das Herleiten von Begrifflichkeiten und ihre Bedeutung über die Schriftzeichen ließ mich staunen: Wissen auf diese Art und Weise zu konservieren, die einen so großen Interpretationsspielraum lässt. Und obwohl die meisten Teilnehmer sich schon über Jahre mit Qi beschäftigen, fingen wir bei null an – in Theorie und Praxis. In der Tat ergab sich über die Herleitung aus dem Dao De Jing viel Neues, selbst in den Grundbegriffen. Alles gespickt mit persönlichen Anekdoten beispielsweise über den Umgang mit Großmeistern und das Leben und die Auffassungen in China.
Praxis
In der Praxis befassten wir uns mit der Rückkehr zum Dao, Vorübungen zur Seidenübung und der Stehenden Säule. Im Vorfeld trafen wir unabdingbare Vorkehrungen, kalibrierten Geist und Körper: starten mit dem leeren Geist, durch vollständiges Nachgeben den Körper durchlässig machen und durch den Geist die Energie gezielt führen. So mauserten sich die „kleinen“, überschaubaren Übungen mit den unmittelbar zuvor aus dem Dao De Jing erläuterten Grundprinzipien zu echten Herausforderungen und noch vor Ort waren die Unterschiede im Üben deutlich spürbar.
Alles neu und jetzt?
Diese spürbaren Unterschiede waren es auch, die mich dazu brachten, meine eigene Übe-Praxis wieder auf Null zu stellen; seit dem Seminar übe ich neu. In meinen Kursstunden fühlen sich die von mir altbekannten Übungen neu an. Ich bin gespannt, wohin das alles führt. Zum Dao? Jedenfalls nicht, wenn ich das forciere; das und viel mehr durfte ich lernen 😀
Eine Weiterbildung, die mich wirklich weitergebracht hat,
danke Jan Silberstorff!
ÜBER DEN AUTOR
Daniel Steinbauer
Daniel Steinbauer ist Qigong-Lehrer aus Leidenschaft. Nach vier Jahren Ausbildung bei der Deutschen-Qigong-Gesellschaft e.V. und zehn Jahren Kurspraxis hat er 2023 die Qiversity gegründet, um sein Wissen und seine Erfahrungen weiterzugeben.